Betreff
Bericht zum Sachstand der Klärschlammkooperation OWL
Vorlage
882/2014-2020
Art
Mitteilungsvorlage

Sachverhalt:

 

Die Stadt Brakel ist am 30.07.2018 der Klärschlammkooperation Ostwestfalen-Lippe beigetreten. Hierüber wurde mit Vorlage vom 29.11.2018 berichtet. Hintergrund ist die aktuell und zukünftig weiter schwierig werdende Entsorgung von Klärschlämmen aus der Abwasserbeseitigung.

 

1.   Bestand der Kooperation

 

Die Kooperation hat landesweit und darüber hinaus großes Interesse hervorgerufen. Sie ist ein gutes Beispiel für die konstruktive Zusammenarbeit der Kommunen gerade in Ostwestfalen-Lippe (OWL). Der Kooperation sind mittlerweile über 70 Kommunen aus dem Regierungsbezirk Detmold und darüber hinaus (Niedersachsen, Regierungsbezirke Arnsberg und Münster) beigetreten. Insgesamt sind mehr als 38.000 MgTR/a (Tonnen) Klärschlämme (die Stadt Brakel verfügt über ca. 550 MgTR/a) vertreten. Dies ist eine am Markt wahrnehmbare Größe und hat der Kooperation intensive Gespräche mit Lösungsanbietern ermöglicht. Diese Gespräche werden federführend vom Arbeitskreis der Kooperation vertreten. Der Kreis Höxter ist durch Frau Dr. Katrin Weiß sowie Herrn Michael Werner in den Unterarbeitskreisen Technik sowie Recht/Organisation vertreten. Dadurch können unsere speziellen regionalen Interessen in die Kooperation eingebracht werden.

 

2.   Bisherige Arbeit der Kooperation

 

Die Kooperation wird an dem Landesprojekt zur Umsetzung der Klärschlammverordnung und der Phosphorrückgewinnung beteiligt (Herr Schumacher, Bezirksregierung Detmold und Frau Dr. Weiß, Kreis Höxter). Durch die Teilnahme (Herr Schumacher, Bezirksregierung Detmold und Herr Schröder, Stadt Gütersloh) an der 1. Arbeitskreissitzung „Klärschlamm-Entsorgung“ des Städte- und Gemeindebundes konnten weitere Kommunen auf die Kooperation aufmerksam gemacht werden.

Die technische, rechtliche und wirtschaftliche Prüfungsarbeit der Kooperation ist schon weit fortgeschritten.

 

a)   Technische Prüfung

 

Es wurden die notwendigen technischen Daten für die Kooperation erfasst (Klärschlammmengen, Anfallorte, Lagerkapazitäten, Phosphorgehalte, aber auch bestehende Verträge zur Klärschlammentsorgung usw.) und analysiert.

Eine Phosphorrückgewinnung aus der sogenannten Nassphase wird ausgeschlossen, da diese Technik nicht ausgereift ist und nur geringere Rückgewinnungsquoten des Phosphors verspricht. Auch bei der Rückgewinnung aus der Asche ist bisher noch kein großtechnisches Verfahren realisiert, mit dem eine Rückgewinnung wirtschaftlich wäre. Auf Grund der Pilotprojekte ist hier eine Weiterentwicklung in den nächsten Jahren zu erwarten.

 

Vorläufiges Ergebnis der technischen Prüfung ist, dass dezentrale Lösungen für die Kooperation insgesamt nicht geeignet sind. Sie sind in der Regel nicht wirtschaftlich. Dezentrale Lösungen (unter anderem HTC oder Pyreg, landwirtschaftliche Verwertung) sind entweder technisch nicht ausgereift, zu kostenträchtig, das Produkt rechtlich zur Verwertung nicht zugelassen oder nur für einzelne Kommunen machbar.

 

Daher ist nach den vorläufigen Ergebnissen und dem aktuellen Stand der Technik eine zentrale Monoklärschlammverbrennungsanlage für die Kooperation der einzige Weg, die Entsorgung langfristig zu sichern. Nur so können für alle Kommunen der Kooperation die erforderlichen Kapazitäten technisch sicher und langfristig zur Verfügung gestellt werden. Hierfür ist entweder ein eigenes Anlagengrundstück oder eine Kooperation mit einem Standortinhaber erforderlich. Außerdem sind die Grundlagen der Zusammenarbeit auf Basis dieser technischen Ergebnisse festzulegen.

 

b)   Grundlagen der Zusammenarbeit

 

Auf Grund der technischen Prüfung und der Notwendigkeit einer Monoverbrennung hat sich die Kooperation auf folgende Randbedingungen einer möglichen zukünftigen Zusammenarbeit geeinigt:

Es wird eine gemeinsame Lösung angestrebt, die über ein Gemeinschaftsunternehmen realisiert werden soll. Nach dem derzeitigen Prüfungsstand bietet sich die Rechtsform der GmbH für das Gemeinschaftsunternehmen an. Die Beteiligung erfolgt auf der Basis der angemeldeten Klärschlammmengen für die Kooperation. Geprüft wird derzeit, ob und ggf. wie sich regionale Bündelungsmöglichkeiten ergeben und dies die Arbeitsfähigkeit des Gemeinschaftsunternehmens erhöhen könnte.

 

Das Gemeinschaftsunternehmen strebt keinen Gewinn an. Ziel ist eine möglichst geringe Belastung der Bürger mit den Entsorgungskosten. Umweltkosten sollen aber auch in die Betrachtung einbezogen werden. Sollte das Gemeinschaftsunternehmen Gewinn erzielen, wird dieses – ähnlich bei Gebührenkalkulation – für eine Reduzierung der Kosten in der Zukunft (Beitragsausgleichsrücklage) genutzt. Es wird keine kalkulatorische Verzinsung geben.

 

Die Kooperation wird auf den Klärschlammmengen der Kooperationspartner beruhen, die zukünftig verbrannt werden sollen. Eine eigene landwirtschaftliche Verwertung ist für einzelne Kommunen daneben möglich. Diese haben dann aber für die zur landwirtschaftlichen Verwertung vorgesehenen Mengen keinen Anspruch auf Entsorgung in der Monoklärschlammverbrennungsanlage und handeln daher auf eigenes Risiko. Die Stadt Brakel wird mit Einführung der 4. Reinigungsstufe (zur Elimination von Mikroschadstoffen und Medikamentenrückständen) nicht mehr in der Lage sein, den Klärschlamm landwirtschaftlich zu verwerten. Die Gesamtmenge von ca. 630 Tonnen ist nach Fertigstellung der 4. RS der Verbrennung zuzuführen.

 

Da der Standort der möglichen Anlage noch nicht feststeht und die Standortsuche nicht durch die möglichen Transportkosten für einzelne überlagert werden soll, wird die Kooperation die Transportkosten aller Kooperationspartner solidarisieren. Das heißt, dass jede transportierte Tonne gleich viel kostet, unabhängig davon wie weit ein LKW/Schiff/Zug tatsächlich bis zur Anlage fährt.

 

Die Kosten je verbrannter Tonne Klärschlamm wird für alle Kooperationspartner gleich hoch. Dabei wird derzeit noch geprüft, ob und ggf. wie der Wassergehalt des Klärschlamms berücksichtigt werden kann und eine Vortrocknung gegebenenfalls wirtschaftlich sinnvoll macht.

 

c)   Anlagengrundstück

 

Auf Basis dieser Grundlagen der Zusammenarbeit hat die Kooperation in allen Kreisen sowie in der Stadt Bielefeld angefragt, ob eine Fläche (mindestens 10.000 m²) verfügbar ist, welche auch die planerischen Grundlagen (Regionalplan, Bauleitplanung) bereits erfüllt, um dort eine UVP-pflichtige immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige gemeinsame Monoklärschlammverbrennungsanlage zu errichten. Die Prüfung der Landräte und des Oberbürgermeisters, auch in Abstimmung mit den Gemeinden und regionalen Wirtschaftsförderern, hat ergeben, dass eine solche Fläche von den Kooperationspartnern der Kooperation kurzfristig nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Auch im Gemeindegebiet von Brakel gibt es keine geeignete Fläche. Die Kooperation ist daher darauf angewiesen, entweder ein bisher für die öffentliche Hand nicht verfügbares Grundstück zu erwerben oder mit einem Dritten zusammenzuarbeiten, um eine solche Anlage zu errichten.

 

d)   Lösungsanbieter

 

Die Kooperation stößt auf ein großes Interesse bei möglichen Lösungsanbietern. Gerade der Zusammenschluss hat die Konditionen für Verhandlungen deutlich verbessert. Die Kooperation hat Gespräche mit möglichen Lösungsanbietern geführt:

Die BETREM GmbH / INNOVATHERM GmbH betreibt die größte bestehende Monoklärschlammverbrennungsanlage an ihrem Standort in Lünen. Sie ist ein Tochterunternehmen der Emschergenossenschaft, einem öffentlich-rechtlichen sondergesetzlichen Wasserverband, der für die Abwasserbeseitigung im nördlichen Ruhrgebiet zuständig ist. Die Lösung von BETREM / INNOVATHERM sieht eine Nutzung der bereits bestehenden Anlage vor.

 

Die Interargem GmbH betreibt über ihr Tochterunternehmen MVA Bielefeld-Herford GmbH die Müllverbrennungsanlage in Bielefeld. Die Interargem ist eine gemeinsame Tochter der Stadtwerke Bielefeld sowie weiterer kommunaler Gesellschafter. Die Lösung der Interargem sieht den Bau einer neuen Verbrennungsanlage unter Nutzung der bestehenden Technik an diesem Standort vor.

 

Die Gelsenwasser AG betreut verschiedene Kommunen in der Abwasserbeseitigung. Sie ist im Wesentlichen eine Tochter der Stadtwerke Bochum und Dortmund, es besteht ein Anteil von ca. 1,4 % privaten Aktionären. Die Gelsenwasser AG plant unter anderem in Zusammenarbeit mit der STEAG den Bau einer neuen Monoklärschlammverbrennungsanlage in Herne.

 

Die Westfalen-Weser-Ems GmbH (WWE) und die AWP GmbH beabsichtigen für ihre kommunalen Gesellschafter ein neues Unternehmen zu gründen, welches zusammen mit einem über eine Ausschreibung noch zu findenden Partners auf einem Grundstück dieses Partners eine neue Monoklärschlammverbrennungsanlage errichtet. Die WWE hat neben den Städten Herford und Paderborn weitere, ausschließlich kommunale Gesellschafter aus OWL und Südniedersachsen.

 

Am 08.03.2019 fanden Gespräche mit allen Lösungsanbietern statt, ob eine Zusammenarbeit mit der Kooperation im Rahmen einer sogenannten Inhouse-Lösung möglich erscheint. Grundsätzlich sind solche Inhouse-Lösungen möglich, jedoch hat nach intensiven Diskussionen die Kooperation entschieden, das Modell einer Inhouse-Lösung nicht weiterzuverfolgen. Kein Inhouse-Konzept ist passgenau auf die Kooperation zuzuschneiden. So ist ein Konzept entweder nur mit erheblichen Risiken umsetzbar oder ist bedingt durch Entscheidungen weiterer Dritter bezüglich der Auslastung der Anlage. Auch wenn teilweise sehr wettbewerbsfähige Preise genannt wurden, bleiben doch erhebliche Abhängigkeiten und Unwägbarkeiten, die zu technischen, wirtschaftlichen und/oder rechtliche Risiken führen. Daher ist ein freier Wettbewerb auch mit nicht inhouse-fähigen Wettbewerbern durchzuführen, um eine für die Kommunen optimale (Entsorgungssicherheit, Ökologie, Wirtschaftlichkeit) und für den Bürger kostengünstige Lösung zu finden.

 

e)   Kosten

 

Die Kooperation hat bisher schon entsprechende Mittel für die erforderlichen technischen und rechtlichen Prüfungen ausgegeben, jedoch liegen diese Mittel unter der bisherigen Kalkulation. Auf Grund des großen Interesses und der hohen Beteiligung der Kommunen liegt inzwischen der maximale Kostenbeitrag bei 13,12 € pro MgTR/a und damit für die Kommune Brakel bei maximal 7,216,00 €. Die Kooperation geht davon aus, dass dieser Betrag auch nicht überschritten wird.

 

3.   Weitere Schritte und Zeitplan

 

Nach dem 10.12.2018 fand am 12.04.2019 die zweite Mitgliederversammlung der Kooperation statt. Die bisherigen Ergebnisse des Arbeitskreises wurden vorgestellt und das weitere Vorgehen beschlossen:

 

Um die weitere Finanzierung der Kooperation zu sichern, werden die noch ausstehenden Mittel der Kooperationspartner abgerufen. Die Mittel sind bis zum 15.05.2019 zu überweisen.

 

Die Kooperation wird die notwendigen Verträge (Kooperationsvertrag, Satzung des Gemeinschaftsunternehmens) für eine gemeinsame spätere europaweite Ausschreibung vorbereiten.

 

Es werden Gespräche mit der Kommunalaufsicht bezüglich des Gemeinschaftsunternehmens geführt.

 

Der Zeitplan sieht damit wie folgt aus:

-      Erstellung des abschließenden technischen Gutachtens (April 2019).

-      Bewertung der Chancen und Risiken der Lösungsmöglichkeiten (April 2019).

-      Fertigstellung eines Gesamtkonzeptes für die Kooperation (Mai 2019).

-      Beschluss der Mitgliederversammlung über das Gesamtkonzept der Kooperation (27.05.2019).

-      Vorstellung des Konzeptes in den Gremien der Kooperationsteilnehmer (ab Juni 2019) und Beschluss in den Räten (nach der Sommerpause 2019).

 

4.   Zwischenlösung

 

Auf Grund der notwendigen weiteren Schritte (Prüfungen, Ausarbeitung von Verträgen, kommunalaufsichtliche Genehmigungen usw.) sowie der Dauer der Genehmigungsverfahren und des Baus der notwendigen Anlage, wird eine dauerhafte belastbare Entsorgung der Klärschlämme frühestens ab 2021, wahrscheinlicher Weise aber erst ab 2023 zur Verfügung stehen.

 

Eine Abfrage bei den Kooperationsteilnehmern hat aber gezeigt, dass bei vielen Betreibern bereits ab 2020, 2021 oder 2022 keine gesicherte Entsorgung der Klärschlämme mehr besteht. Die Kooperation hat daher beschlossen, dass eine gemeinsame Zwischenlösung gesucht werden soll. Die Kooperation geht davon aus, dass eine gemeinsame Ausschreibung die Wahrscheinlichkeit für wirtschaftlich attraktive Angebote deutlich erhöhen wird. Der Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld, der selbst seine Entsorgung ab 2020 sicherstellen muss und daher eine europaweite Ausschreibung der anfallenden Mengen durchführen wird, hat angeboten, als Bündelungspartner eine Ausschreibung mit Einzel- und Gesamtlosen für alle interessierten Kommunen der Kooperation durchzuführen.

 

Das Abwasserwerk der Stadt Brakel geht derzeit davon aus, dass die landwirtschaftliche Verwertung des Klärschlammes bis 2023 möglich ist. Eine Teilnahme an der Zwischenlösung ist daher nicht erforderlich.

 

5.   Zusammenfassung

 

Der Beitritt zur Klärschlammkooperation OWL war für die Stadt Brakel richtig. Die Einbindung in die Kooperation ist transparent und ermöglicht eine intensive Prüfung der zukünftigen Entsorgungsoptionen durch die Verwaltung, obwohl die Ressourcen nur begrenzt sind. Sie zeigt auch, dass die kommunale Zusammenarbeit gestärkt und hierdurch attraktive Optionen geschaffen werden, um auch als kleinere Kommune wirtschaftliche Angebote zu erhalten.